Spulenfiepen - die Ursachen und was wirklich dagegen hilft

Allgemeines

Wenn ich hier nun über Spannungswandler schreibe, so mag sich der eine oder die andere jetzt einwerfen: »Hattest du nicht gesagt, dass es sich etwas drehen, vibrieren oder anderweitig bewegen muss, damit nervige Geräusche entstehen? Bei so einem Spannungswandler bewegt sich doch nichts. Also KANN so ein Teil doch gar keine nervigen Geräusche von sich geben!« Ja, das hatte ich geschrieben und auf den ersten Blick (und vielleicht auch auf den zweiten und an verschlafenen Sonntagmorgenden evtl. auch auf einen dritten) ist das wohl auch so, dass so ein Spannungswandler in aufgelöteter Zwangsstarre auf einer Platine sein tristes Dasein verrichtet. Aber wenn man es genauer betrachtet, dann bewegt sich da doch etwas. Und diese Etwasse können — zumindest wenn man Pech hat — wirklich ganz schön nerven.

Aber der Reihe nach! Was bewegt sich denn da? Woher kommt das Geräusch? Und am wichtigsten: Wie stellt man es ab?

An der Stelle ein kurzer Einschub zum Thema Spannungswandler. Wer weniger am Verständnis der Ursache und Entstehung der Geräusche, sondern nur an deren Behebung interessiert ist, der kann den nächsten Abschnitt überspringen und sich gleich möglichen 'Gegenmaßnahmen' zuwenden. Für alle anderen folgt ein kurzer Exkurs, bei dem ich versuche, auf dem Niveau eines technisch interessierten Laien die Sache etwas näherzubringen. Also legen wir los.

Die Ursache

In unseren modernen Rechenmaschinen sind eine ganze Menge dieser Spannungswandler verbaut, deren Aufgabe es ist, aus der Spannung des Schaltnetzteils (z.B. aus der ca. 12V Gleichspannung), die für die einzelnen Komponenten auf einer Platine benötigten Arbeitsspannung(en) zu generieren (1.2V, 3.3V, 5V, …). Die meisten dieser Zeitgenossen verrichten ihre Arbeit in der Tat geräuschlos und zwar dann, wenn sie ihrer Tätigkeit ganz entspannt nachgehen und die durch sie fließenden Ströme verhältnismäßig gering sind. Leider ist das nicht immer der Fall, denn für einige PC-Komponenten sind ganz enorme Stromstärken erforderlich und daher finden sich die bekanntesten und leider auch lautesten Vertreter auf modernen Hochleistungsgrafikkarten, wo diese lärmenden Dinger häufig in großer Zahl anzutreffen sind.

Etwas vereinfacht besteht der Kern solch eines Spannungswandlers aus einer Induktivität (Spule), einer Kapazität (Kondensator), einem elektrischen Schalter (MOSFET) und einem Taktgeber für diesen Schalter (PWM Controller), der zeitlich getaktet Strom auf, und — nach dem Aufbau des induzierten Magnetfelds — auch durch die Spule fließen lässt. Nun kommt aber so ein Stromfluss nicht nur selten, sondern — physikalisch korrekt — sogar niemals allein, nein, dieser ist immer auch von einem Magnetfeld begleitet. Und auf einen von einem Leiter durchflossenen Strom wirkt in einem Magnetfeld eine Kraft: die sogenannte Lorentzkraft. Diese wirkt aber hier nicht konstant, sondern natürlich wechselnd in dem Rhythmus, mit dem sich das Magnetfeld in der Spule auf und abbaut. Und das geschieht leider oft in einem vom menschlichen Ohr wahrnehmberen Bereich und äußert sich dann in einem mehr oder weniger nervigen Fiepen, dem sogenannten Spulenfiepen. Was man da genau hört, das sind die durch diese Lorentzkraft angeregten Spulenwicklungen, die aneinander (und auch am Spulengehäuse) schaben, rubbeln und sich reiben. Das Ganze ist unterschiedlich laut (je nach Belastung des Spannungswandlers) und pfeifft dann in unterschiedlichen Tonhöhen (je nach Frequenz des verwendeten PWM Signals).

Die Abhilfe

Nachdem wir ja nun wissen, wie die Geräusche entstehen, können wir uns überlegen, wie man diese am effizientesten in den Griff bekommt.

Ein einfachste (aber wohl für die meisten Fälle untaugliche) Lösung ist natürlich, den Stromfluss durch die Spule zu begrenzen ⇒ Computer aus und ab auf die Terrasse, in den Park oder den Garten. Kein Strom, keine Lorentzkraft und kein Fiepen. Funktioniert, aber wer kann und will schon so viel Zeit im Freien und abseits seines PC verbringen?

Was aber, wenn wir einen PC haben, in dem sich eine Grafikkarte befindet, die uns mit dem nervigen Fiepen die Spieleabende verleidet. Ein paar Ansatzpunkte gibt es da zum Glück schon, um das Problem, wenn schon nicht ganz zu beseitigen, so doch stark zu reduzieren. Häufig ist das Spulenfiepen am lautesten, wenn die Grafikkarte eine sehr hohe Anzahl an Bildern rendert. Wenn man nicht gerade ein Übermegamonster-PC hat (oder ein Spiel ohne Grafikanforderungen spielt), dann passiert das am häufigsten in den Menüs, wo die Grafikkarte leicht mal mehrere hundert FPS rendern kann, zumindest, wenn das nicht durch das Spiel bereits softwareseitig begrenzt wird. Und solange diese FPS-Anzahl deutlich über der des Monitors liegt, dann bringen diese zusätzlichen Frames neben einem erhöhten Stromverbauch und zumindest im Shooterbereich störenden FPS-Schwankungen auch ein meist deutlich wahrnehmbares Spulenfiepen mit sich. Die Abhilfe hier ist es also, die FPS-Zahl auf das zu begrenzen, was je nach Einsatzzweck notwendig und sinnvoll ist. Welcher FPS-Wert das ist, das liegt neben dem eingesetzten Monitor und dessen Bildwiederholfreqzenz auch an den unterstützten Technologien (G-Sync/FreeSync). Aber z.B. einen 144Hz G-Sync Monitor mit mehr als 144 Hz anzusteuern, ergibt in den allerwenigsten Fällen Sinn und dort ist eine gute Möglichkeit, diese durch einen FPS-Limiter auf den Wert darunter zu begrenzen — im angesprochenen Beispiel z.B. auf 140 oder 141 Hz. Idealerweise sollte dazu der FPS-Limiter zum Einsatz kommen, den das jeweilige Spiel bereits mitbringt. Nur wenn das nicht möglich ist, dann kann man auch auf einen externen Limiter zurückgreifen, z.B. durch Verwendung von externen Tools wie bei AMD-Grafikkarten dem AMD 'Frame Rate Target Control' Tool, dem mit dem MSI Afterburner mitgelieferten 'Rivatuner Statistics Server' oder auch durch Setzen des entsprechdenen Eintrags im Nvidia Control Panel. Bei Verwendung dieses Ansatzes ist aber darauf zu achten, dass niemals! zwei Limiter gleichzeitig aktiv sein dürfen, d.h. wenn ihr im Spiel ein Limit einstellen könnt, dann nutzt nur dies und deaktiviert alle anderen Limiter.

Schon mit einem FPS-Limit allein kann man das Problem Spulenfiepen bereits meist deutlich reduzieren. Aber ein anderer und nicht ganz so offensichtlicher Ansatz ist der, die die Geräusche verursachende Reibung der Spulenwicklungen selbst zu reduzieren. Da wir ja die Stromstärke und damit auch die Kraft nicht reduzieren können, mit der die Spulenwicklungen angeregt werden und auch die Frequenz des PWM-Signals vom Design bestimmt und nicht änderbar ist, bleibt uns nur die Möglichkeit, die Wicklungen selbst etwas zu dämpfen. An dieser Stelle aber zuerst eine Warnung: Was jetzt folgt, ist etwas, was sich im Praxiseinsatz zwar gut bewährt hat, bei dem ich allerdings darauf hinweisen muss, dass unsachgemäße Eingriffe eure Hardware beschädigen können und ich dafür keine Haftung übernehmen kann.

Also, worum geht es und was kann man gegen dieses Spulenfiepen noch tun? Wie bereits mehrfach erwähnt, entsteht das Geräusch durch das Reiben der Wicklungen der Spulen aneinander bzw. am Spulengehäuse und genau dort kann man ansetzen, um das Geräusch zu reduzieren, nämlich indem man es den Spulenwicklungen schwerer macht, sich zu bewegen und ihnen keinen bzw. weniger Raum dafür gibt. An dieser Stelle will ich eindringlich von Experimenten mit Heißkleber abraten, denn das bringt wenig bis nichts (von einer zerstörten Grafikkarte abgesehen). Das Mittel, was man verwenden kann, um einer Spulenwicklung die Bewegungsfreiheit einzuschränken, sind andere Spulenwicklungen. Und zwar indem man diese dazu bringt, selbst mehr Raum einzunehmen. Wie sich nämlich herausstellt, ist das Spulenfiepen auch zusätzlich noch temperaturabhängig. Je wärmer so eine Spule ist, desto mehr Platz brauchen die Wicklungen und desto weniger können sie sich bewegen und aneinander reiben. Nun ist das einzige Mittel, die Temperatur dieser Spulen in unserem Sinne zu beeinflussen, ihre Kühlung gezielt und moderat soweit zu reduzieren, dass diese ETWAS! schlechter gekühlt, etwas wärmer und damit leiser werden. Das klappt in der Praxis recht gut, aber natürlich darf man es nicht übertreiben und auch hier kommt es auf die jeweilige Grafikkarte an, wie man dieses Ziel am besten erreicht, denn natürlich befinden sich in unmittelbarer Nähe dieser Spulen auch Bauteile, die uns eine redzierte Kühlung möglicherweise übelnehmen würden und so muss man im Einzelfall prüfen, ob und wie sich dieser Ansatz bei eurer Karte umsetzen lässt.

Veröffentlicht am: 16.06.2021

Inhaltsverzeichnis

  1. Allgemeines — warum ist mein PC laut?
  2. Woher kommt denn nun der Krach in meinem PC?
    1. Festplatten
    2. Grafikkarten
    3. Lüfter (z.B. CPU-Lüfter und Gehäuselüfter)
    4. Wasserkühlungen
    5. Netzteil
    6. Spannungswandler — Spulenfiepen
  3. Geräuschreduktion durch gedämmte Gehäuse
  4. Verlagerung des PCs an einen anderen Ort
Author: Udo Rietschel

Autor: Udo Rietschel

Udo ist einer der beiden Gründer der Argotronic GmbH. Er schreibt Software, seit er seinen ersten Computer in die Hände bekam (einen ZX Spectrum 48k im Jahr 1988, als er noch in der DDR lebte; ein Land, das heute nicht mehr existiert - genau wie sein ZX Spectrum).
Als Software-Ingenieur entwickelt er Software für autonome Fahrzeuge, sowie Argus Monitor, die — seiner (voreingenommenen) Meinung nach — derzeit beste Software zur Lüftersteurung unter Windows.